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Lohnen sich ein Speicherprojekte alleine durch Spot-Vermarktung?

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Lohnen sich ein Speicherprojekte alleine durch Spot-Vermarktung?

Batteriespeichersysteme (BESS) sind eine der am schnellsten wachsenden Technologien der Energiewende, alleine in Deutschland werden aktuell über 500 GW an Speicherleistung geplant. Durch den wachsenden Ausbau steigt jedoch auch immer mehr das Risiko der Kannibalisierung. Daher untersuchen wir gemeinsam in diesem Artikel zusammen mit Christian Schäfer von Regelleistung Online die Frage: Ist es möglich, in Deutschland ein rentables BESS-Projekt zu bauen, das ausschließlich im Day-Ahead-Markt handelt?

In dieser gemeinsamen Analyse haben wir uns vorgenommen, diese Frage unter realistischen Annahmen zu beantworten. Unser Ziel ist es, die wirtschaftlichen Grenzen der Merchant-Speicherung zu verstehen und den Kostenpunkt zu ermitteln, bei dem ein solches Projekt eine interne Rendite (IRR) von 10 % erzielen könnte, eine gängige Schwelle für Investoren. Ein IRR von 10 % ist bereits unter den heutigen Rahmenbedingungen attraktiv, wird aber besonders interessant, wenn ein Projekt mit einer Mischung aus Fremd- und Eigenkapital finanziert wird. Ein kommerzieller Batteriespeicher kann somit auch ohne Subventionen oder langfristige Ertragsgarantien interessant sein, sofern Kosten und Leistung aufeinander abgestimmt sind.

Annahmen

Zu diesem Zweck haben wir ein Stand-Alone Batteriesystem mit einer Leistung von 10 MW und einer nutzbaren Energiekapazität von 20 MWh (100 % verfügbar, keine Begrenzung des maximalen und minimalen Lade- und Entladestands) modelliert. Wir gehen von einer Projektlaufzeit von 15 Jahren, einem Rundlaufwirkungsgrad (RTE) von 90 % und Betriebskosten in Höhe von 15 EUR/kW aus, was in Relation zu den CAPEX unseres Projektes ein relativ konservativer Wert ist. Degradationseffekte werden in dieser spezifischen Analyse nicht berücksichtigt, da wir uns auf eine einjährige Umsatzbetrachtung konzentrieren. Für mehrjährige Simulationen können solche Effekte auf der Re-Twin-Plattform vollständig modelliert werden.

Das System nimmt nur am deutschen EPEX SPOT-Day-Ahead-Markt teil. Andere Einnahmequellen wie Regelleistung, Intraday-Handel oder Kapazitätszahlungen sind nicht berücksichtigt (nur zum Vergleich dargestellt). Die Finanzierung basiert auf Kapitalkosten von 7% (WACC).

Wie BESS im Day-Ahead-Markt Geld verdient

Die Einnahmen im Day-Ahead-Markt stammen aus einem Kernmechanismus: Günstig kaufen und teuer verkaufen. Batterien werden aufgeladen, wenn die Preise niedrig sind, in der Regel mittags, wenn viel Solarenergie verfügbar ist, und entladen, wenn die Preise steigen, häufig in der Abendzeit. Auf dem Papier scheint das einfach – in der Praxis ist es jedoch komplexer. Im Gegensatz zum Markt für Frequenzhaltungsreserven (FCR) oder dem Echtzeit-Intraday-Handel ist der Day-Ahead-Markt relativ stabil. Diese Stabilität bedeutet oft geringere Preisspannen und weniger Fenster für profitable Arbitrage.

Im Jahr 2023 lag die durchschnittliche täglichen Spreads (Differenz zwischen dem höchsten und dem niedrigsten Stundenpreis) auf dem Day-Ahead-Markt in Deutschland häufig zwischen 70 und 90 Euro pro MWh. Die nutzbaren Spreads, also diejenigen, die nach Berücksichtigung von Effizienzverlusten tatsächlich eine profitable Chance bieten, waren jedoch erheblich geringer. Laut Aurora Energy Research erzielten kommerzielle Batteriesysteme in Deutschland im Jahr 2023 zwischen 25.000 und 45.000 Euro pro MW-Jahr aus dem Day-Ahead-Handel, wobei es je nach Volatilität erhebliche Schwankungen zwischen den Monaten und Regionen gab.[1] Allerdings ist die Einschätzung von Aurora als relativ konservativ anzusehen. Branchenangaben deuten darauf hin, dass beispielsweise bei höheren Zyklusraten oder aggressiveren Handelsstrategien unter günstigen Bedingungen auf dem Spotmarkt Einnahmen von 60.000 bis 70.000 Euro pro MW und Jahr erzielt werden konnten.

Was ist erforderlich, um die Gewinnschwelle zu erreichen?

Dies führt zu der entscheidenden Frage: Was wäre erforderlich, damit ein BESS-Projekt im Day-Ahead-Markt die Gewinnschwelle erreicht? Hier stützen wir uns auf unsere Modellierung, um die erforderlichen Einnahmen, Investitionsschwellen und CAPEX-Beschränkungen zu bewerten.

Um die wirtschaftliche Tragfähigkeit eines solchen Projekts zu verstehen, müssen wir die Leitfrage in mehrere Teile zerlegen. Erstens: Wie hoch müssen die jährlichen Einnahmen sein, um eine Zielrendite von 10 % IRR zu erreichen? Zweitens, und noch schwieriger zu beantworten: Ab welchem Kostenpunkt (insbesondere für CAPEX) würden solche Einnahmen zu einer finanziellen Tragfähigkeit führen?

Die CAPEX für Batterien sind in den letzten zehn Jahren stark gesunken, bleiben aber ein wesentliches Hindernis für die kommerzielle Speicherung. Im Jahr 2024 beliefen sich die Kosten für Batteriesysteme im Versorgungsmaßstab in Europa laut BloombergNEF auf 600 bis 800 Euro pro Kilowattstunde (kWh) auf Turnkey-Basis.[2] Davon entfielen rund 50 bis 60 % auf Batteriezellen**,** während die restlichen Kosten auf Stromumwandlungssysteme, Netzanschluss, Bauarbeiten, Projektentwicklung und andere Systemkomponenten (BoS) entfielen.

Die „Stromspeicher-Inspektion 2024” des Fraunhofer ISE bestätigt ähnliche Zahlen und prognostiziert für die kommenden Jahre einen moderaten Rückgang, der auf die Produktionsgröße, Verbesserungen bei der Rohstoffbeschaffung und den zunehmenden globalen Wettbewerb zurückzuführen ist.[3] Bis 2030 erwarten mehrere Prognosen, darunter auch die des Gemeinsamen Forschungszentrums der EU, dass die durchschnittlichen Investitionskosten für Batterien im Versorgungsmaßstab in Europa unter 400 €/kWh fallen werden**,** vorausgesetzt, die Lithium- und Arbeitsmärkte stabilisieren sich.[4]

Jüngste Rückmeldungen aus dem Markt deuten jedoch darauf hin, dass diese Zahlen bereits veraltet sein könnten. Einige Entwickler, insbesondere diejenigen, die ihre Hardware aus China beziehen, berichten von Turnkey-Kosten von unter 200 €/kWh. In mehreren aktuellen Projektverhandlungen wurden die Kosten für reine Batteriezellen von chinesischen Herstellern dank aggressiver Preisgestaltung und Überangebot auf dem Weltmarkt mit nur 50 bis 60 €/kWh angegeben[5]. Wenn die Kosten und der Integrationsaufwand weiter minimiert werden können, könnten diese Preise einen Wendepunkt für die kommerzielle Speicherung markieren.[6]

Unsere Ergebnisse: Day-Ahead-Einnahmen unter realen Bedingungen

Mithilfe der Investitionsmodellierungsplattform von Re-Twin haben wir ein 10 MW/20 MWh-BESS simuliert, das ausschließlich auf dem deutschen Day-Ahead-Markt unter den Bedingungen des Jahres 2024 betrieben wird. Die Analyse berücksichtigt neben der Effizienz des Speichers auch „Imperfect Foresight“.

Wir haben dabei folgende Kostenannahmen zugrunde gelegt: Die Kosten für den Batteriepack wurden mit 185 €/kWh angesetzt, einschließlich EMS und Steuerungen, Speicher-PCS, HLK und Sicherheit, Systemintegration, Installation und Netzanschluss. Zusätzlich wurden 25 €/kWh für Projektentwicklungskosten und 50 €/kWh für weitere Kosten und Unvorhergesehenes veranschlagt. Die Kapitalkosten wurden ohne Berücksichtigung der Inflation mit 7 % angesetzt. Daraus ergibt sich eine Gesamtinvestition von 5,2 Millionen Euro, von denen 3,7 Millionen Euro auf die CAPEX für den Batteriepack entfallen.

Unsere Ergebnisse zeigen für 2024 einen Jahresumsatz von 70.230 € pro MW, basierend auf realen historischen Preisdaten und einem typischen BESS-Verhalten (für 2023 sehen wir einen niedrigeren Wert von 60.530 € pro MW).[7] Dies liegt unter einigen akademischen Schätzungen. Methodische Unterschiede erklären jedoch diese Diskrepanz: Andere Simulationen gehen oft von perfekter Vorhersagbarkeit und vereinfachten Batterieprofilen aus, während der Re-Twin-Ansatz einen rollierenden Ladezustand und konservativere Annahmen zur betrieblichen Flexibilität verwendet.

Als Referenzwert haben wir mit derselben Plattform auch ein „Perfect Foresight“ Szenario simuliert, das für 2024 einen Wert von 82.930 EUR/MW/Jahr ergibt. Dieser optimale Wert ist für Benchmarking-Zwecke hilfreich, wird jedoch bei reiner Spotvermarktung als unrealistisch angesehen, da er davon ausgeht, dass Händler die Marktpreise im Voraus kennen und die Batteriekapazität fehlerfrei voll ausnutzen können. Für eine investorenorientierte Planung empfehlen wir daher, sich auf „Imperfect Foresight“ Szenarien zu stützen, die die realen Herausforderungen der Marktprognosen und des Batteriebetriebs besser widerspiegeln.

Selbst unter der Annahme der “Imperfect Foresight“ weist das Projekt jedoch bereits einen positiven IRR von ca. 7,5 % auf. Dies deutet darauf hin, dass das Projekt bei Speicherkosten von 185 €/kWh plus Nebenkosten bereits fast die Renditeanforderungen erreicht. Mit weiter sinkenden Investitionskosten verbessert sich die Wirtschaftlichkeit von kommerziellen BESS im Day-Ahead-Markt trotz ihres relativ geringen Risikoprofils weiter.

Graphs and Analytics
Projekt-KPIs – nur Day-Ahead basierend auf Marktpreisen für 2024
Graphs and Analytics
Day-Ahead-Erträge 2024 – Modellierung mit Perfect vs. Imperfect Foresight
Graphs and Analytics
Day-Ahead-Erträge 2023–2024 – Modellierung inkl. “Imperfect Foresight“

Alle in dieser Analyse verwendeten Modellierungsdaten und Annahmen sind im öffentlichen Re-Twin Methodology Portal transparent dokumentiert, einschließlich Parametern wie Preisprognoseunsicherheit, Degradationsmodellierung, Zyklusverhalten und Dispatch-Logik.

Die CAPEX-Herausforderung

Wir haben auch die Sensitivität des IRR gegenüber unterschiedlichen Speicherkosten getestet, wobei alle anderen Annahmen & Nebenkosten konstant gehalten wurden. Wenn die Batteriepaketkosten in unseren Szenarien von 185 €/kWh auf 160 € – 100 €/kWh gesenkt werden, steigt der IRR stetig an. Unsere Analyse zeigt, dass ab 150 €/kWh das IRR-Ziel von 10 % erreicht werden kann.

Graphs and Analytics
Entwicklung von CAPEX und IRR – nur Day-Ahead-Handel basierend auf Marktpreisen von 2024

Obwohl unsere Analyse bestätigt, dass die heutigen CAPEX-Niveaus für Day-Ahead-Batterien in den meisten Szenarien zu hoch sind, um die Erwartungen der Investoren zu erfüllen, sehen wir, wie Kostensenkungen Projekte in den Zielrenditebereich bringen können. Praktisch bedeutet dies, dass bei Kosten für Batteriezellen deutlich unter 100 € pro kWh und Investitionskosten für die gesamte Speicherhardware im Bereich von 140 bis 150 €/kWh es nicht mehr lange dauert, bis Speicher nicht mehr auf Regelenergie oder Intraday-Märkte angewiesen sind.

Aber es geht nicht nur um die Kosten der Batterie alleine. Auch Netzanschlusskosten spielen eine Rolle. Eine Reduzierung der Projektentwicklungskosten, eine Beschleunigung der Genehmigungsverfahren oder die Gewährung von Rabatten beim Baukostenzuschuss könnten die Gleichung verändern. In Deutschland machen BKZ-Kosten laut mehreren Entwicklern in der Regel bis zu 20 % der Gesamtprojektkosten aus. Gezielte Anreize oder vereinfachte Genehmigungsverfahren könnten daher sehr wirkungsvoll sein.

Auch die Betriebskosten lassen sich optimieren. Viele kommerzielle Batteriebetreiber müssen Handelsgebühren oder Marketingkosten in Höhe von 10 Prozent oder mehr tragen. Hier ist in den letzten Jahren jedoch Bereits eine Entwicklung nach unten zu Beobachten.

Ebenso können Tolling-Verträge, bei denen ein Abnehmer eine feste jährliche Gebühr für den exklusiven Zugang zur Batteriekapazität zahlt, stabile Erträge gewährleisten und das Risiko verringern. Ein Beispiel ist der Tolling-Vertrag von Nofar Energy. Im Dezember 2024 unterzeichnete Nofar Energy einen wegweisenden 7-Jahres-Flexibility Purchase Agreement (FPA) mit Festpreis für sein 104,5 MW / 209 MWh Stendal BESS-Projekt in Deutschland, das weithin als erster physischer Tolling-Vertrag für ein BESS auf dem europäischen Festland gilt. Im Rahmen der Vereinbarung zahlt der Abnehmer von 2027 bis 2033 einen festen Gesamtbetrag von 85 bis 95 Millionen Euro, wodurch eine planbare Einnahmequelle geschaffen wird. Diese Struktur war entscheidend, um eine Projektfinanzierung in Höhe von 86,5 Millionen Euro von der NORD/LB zu erhalten.[8]

Unserer Einschätzung nach kann sich eine höhere Risikobereitschaft auf den Märkten auszahlen: Wenn wir die Batterie auf allen Märkten optimieren und alle verfügbaren Einnahmequellen einschließlich Zusatzdienstleistungen und Intraday-Märkten nutzen, hätte das System für 2024 einen Jahresumsatz von über 230.000 € pro MW erwirtschaften können. Dies entspricht einer hohen zweistelligen IRR und einer deutlich verkürzten Amortisationszeit.

Graphs and Analytics
Umsätze 2024 – nur Day-Ahead vs. Merchant-Revenue Stackin

Fazit

Kann ein Batterieprojekt in Deutschland allein auf dem Day-Ahead-Markt die Gewinnschwelle erreichen? Die Antwort lautet: zunehmend ja, insbesondere da die Investitionskosten weiter sinken. Unsere Analyse zeigt, dass Projekte selbst unter konservativen Annahmen bald IRR-Niveaus erreichen, die für Investoren attraktiv sind.

Die Aussichten sind vielversprechend, weitere Kostensenkungen scheinen möglich. Seit 2012 sind die CAPEX für Batterien im Großspeichersegment um rund 80 % gesunken und laut der Internationalen Energieagentur (IEA) wird bis 2030 ein weiterer Rückgang um 40 % erwartet.[9] Die Marktstimmung deutet auf einen noch stärkeren Kostenrückgang hin, insbesondere bei den Preisen für Batteriezellen, der durch globale Überkapazitäten und den Wettbewerb durch asiatische Hersteller getrieben wird.

Die Verbindung aus zunehmend zugänglichen Möglichkeiten zur Umsatzsteigerung auf Spot-, Intraday- und Systemdienstleistungsmärkten in Kombination mit sinkenden Investitionskosten erklärt, warum aktuell so viele Projekte einen Netzanschluss anfragen.


[1] Aurora Energy Research, Ausblick für den europäischen Batteriemarkt 2023.

[2] BloombergNEF, Batteriepreisumfrage 2024, abgerufen im Mai 2025

[3] Fraunhofer ISE, Stromspeicher-Inspektion 2024, März 2024

[4] Gemeinsame Forschungsstelle der Europäischen Kommission, Roadmap „Batterie 2030+“, 2023

[5]nextbigfuture.com: https://www.nextbigfuture.com/2024/01/ev-lfp-battery-price-war-w-55-in-six-months.html

[6] Regelleistung.online-Recherche

[7] Re-Twin Energy, Investitionsanalyseplattform

[8] PV magazine: https://www.pv-magazine.com/2025/03/06/germanys-first-tolled-bess-secures-project-financing/

[9] IEA: Quellehttps://www.iea.org/reports/batteries-and-secure-energy-transitions/outlook-for-battery-demand-and-supply?

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